Abstimmung zu ISAF

Veröffentlicht am 16.10.2008 in Anträge

Bei der Abstimmung über die Fortsetzung der Beteiligung der Bundeswehr am Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe für Afghanistan (ISAF) am 16. Oktober 2008 habe ich zugestimmt.

ISAF bildet das stabilisierende Rückrat eines fragilen, praktisch kaum vorhandenen Staates – zöge man die Truppen ab, drohte das ganze Staatswesen auseinanderzufallen, mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung und für die gesamte Region.

Den Gegensatz zu konstruieren, Afghanistan brauche nicht "Ärzte statt Soldaten", ist falsch, beides ist notwendig und die Bundesrepublik engagiert sich daher nicht nur militärisch sondern vor allem im zivilen Aufbauprozess, der leider nicht die Aufmerksamkeit genießt, die ihm gebührt. Über 3.500 Schulen wurden seit dem Jahr 2001 gebaut. Mit 6,5 Millionen Schülerinnen und Schülern genießen heute mehr als fünfmal so viele Kinder und Jugendliche Bildung als vor dem Einsatz in Afghanistan. Die Zahl der Studenten hat sich auf 19.000 verzehnfacht. Eine gesundheitliche Basisversorgung wurde mit unserer Hilfe aufgebaut und immerhin 80% der afghanischen Bevölkerung haben heute hierzu Zugang. Wir haben den Aufbau demokratischer Strukturen und einer freien Presse unterstützt: Afghanistan verfügt heute über eine Verfassung; knapp 30 Rundfunksender und sieben Fernsehanstalten informieren die Menschen vor Ort.

Nicht zu vergessen ist hierbei auch das bewundernswerte Engagement vieler Nichtregierungsorganisationen, die unter schwierigsten Bedingungen dem Land dabei helfen, in eine friedliche Zukunft zu gehen.

Diese Aufbauleistungen ohne Sicherung durch militärische Präsenz sind nicht möglich. In Afghanistan herrscht seit 30 Jahren Krieg. Nicht weil das westliche Bündnis in Afghanistan interveniert gibt es dort kriegerische Auseinandersetzungen. Vielmehr dauern diese an, da sich die terroristischen Kräfte ebenso wie organisierte Kriminalität gezielt gegen die Entwicklung der afghanischen Zivilgesellschaft und Demokratie stellen. Ich halte es für richtig und notwendig, dass mit dem aufständischen Gruppen verhandelt wird. Dies ist aber keine Alternative zur militärischen Sicherung, sondern muss diese ergänzen.

Der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta hat Deutschland bereits vor der Abstimmung zum ISAF-Mandat im vergangenen Jahr eindringlich um eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes zur Stabilisierung seines Landes gebeten. Wortwörtlich fügte er am 30. Mai 2007 hinzu: "Dies ist ein Einsatz für Frieden, Demokratie und Menschenrechte. Wenn Afghanistan noch einmal Zentrum des internationalen Terrorismus wird, wäre es eine ernste Gefahr für Europa und Deutschland. Afghanistan hat heute in weiten Teilen ein ganz anderes Gesicht als vor fünf Jahren. Diese Bemühungen sollten wir fortsetzen."

Dieser von der Bevölkerung von Afghanistan an Deutschland herangetragene Wunsch ist für mich Verpflichtung, auch in Zukunft unser doppeltes Engagement – sowohl in Form eines militärischen Beitrages, aber vor allem auch beim Aufbau einer Zivilgesellschaft in Afghanistan – beizubehalten. Nicht zuletzt aus unserer eigenen Geschichte wissen wir um die Bedeutung und die Schutzbedürftigkeit einer funktionierenden Zivilgesellschaft.

Die Alternative ist klar: Der zivile Aufbau Afghanistan kann unter den gegebenen Umständen nicht ohne den Rückhalt von ISAF funktionieren; wer heute die ISAF-Schutztruppen abzieht, macht den Weg für einen Bürgerkrieg frei. Die Taliban würden erneut versuchen, dem Land ihr Regime überzustülpen, das bereits Geschaffene rückgängig gemacht werden und die Menschen, allen voran die Frauen Afghanistans würden erneut großem Leid entgegenblicken.

Gleichwohl kann es kein einfaches "Weiter so" in unserem Engagement geben. Deshalb verändern wir die Mandate. Wir stärken den zivilen Aufbau, wir erhöhen die Leistungsfähigkeit der Wiederaufbausteams durch mehr Personal und wir ziehen die KSK-Soldaten ab. Der zivile Anteil wird also deutlich gestärkt, der militärische verändert.
Dies ist aus meiner Sicht ein verantwortungsvoller Umgang mit unseren Bündnisverpflichtungen und dem Schutz unserer Sicherheit und Freiheit.

 

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