Stellungnahme SPD-Fraktion zum Haushaltsplan 2023 der Stadt Brackenheim

Veröffentlicht am 05.05.2023 in Kommunalpolitik

Liebe Brackenheimerinnen und Brackenheimer,

wir leben in schwierigen Zeiten: Corona ist noch nicht vorbei, seit 1 Jahr herrscht Krieg in der Ukraine, neue Flüchtlingswelle, hohe Inflation, Klimawandel, stagnierende Wirtschaft … Alles wirkt sich mehr oder weniger auch auf unsere Stadt und deren Finanzen aus.

Der Haushaltsplan 2023 unserer Stadt weist 52 Mio. Aufwendungen und 48,5 Mio. Erträge aus. Das Defizit beträgt 3,5 Mio. Euro. Die Kommunen sind angehalten antizyklisch zu handeln. Das heißt, die Stadt darf nicht ohne weiteres die Aufwendungen (Ausgaben) soweit senken und die Erträge (Einnahmen)  soweit erhöhen bis der Haushalt ausgeglichen ist. Pflichtaufgabe der Stadt ist die örtliche Daseinsvorsorge wie z. B. Kindertagesstätten, Schulen, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Straßen, Friedhöfe, städtebauliche Entwicklung für Wohnen und Gewerbe … Darüber hinaus gibt es freiwillige Aufgaben wie z. B. Stadtpark, Sport- und Kulturförderung, WeinZeit … Dies alles gilt es zu bewältigen. Dabei kommt uns zugute, dass die Stadt am 1. Januar 2023 über  27,6 Mio. Euro liquide Mittel verfügt. Aufgrund umfangreicher Investitionen werden es am Jahresende noch 9,3 Mio. Euro sein. Verwaltung und Gemeinderat müssen dafür sorgen, dass wir nicht in wenigen Jahren unter Null fallen.

Das neue kommunale Haushaltsrecht (NKHR) berechnet für alle Vermögensgegenstände der Stadt eine Abschreibung. In der Summe sind das knapp 10 Mio. Euro im Jahr. Die Abschreibungen sind zwar nur kalkulatorisch, aber wenn man sie nicht berücksichtigt, hat man mittelfristig kein Geld, um die Infrastruktur (Straßen, Schulen, Kindergärten, Sporthallen ….) zu unterhalten oder zu erneuern. Haushaltsdefizite sind nur für wenige Jahre durchzuhalten. Danach müssen die wieder ausgeglichen werden, weil sonst die Infrastruktur verfällt. Die Lebensqualität in der Stadt und ihren Teilorten würde sinken.

Genügend Wohnraum und insbesondere bezahlbarer Wohnraum sind ein Dauerthema. Bezahlbar heißt, die Kaltmiete soll nicht mehr als 30 % des Nettoeinkommens ausmachen. Zudem gilt es überhaupt eine Wohnung zu finden. Stand Januar 2023 gibt es in der gesamten Stadt 172 freie Bauplätze in Privatbesitz, die sofort bebaut werden könnten. Diese Plätze haben zusammen  1.150 ar Fläche. Die  Zahl der privaten Baulücken geht leider nur sehr langsam zurück, weil zu wenige Eigentümer bereit sind, sie selbst zu bebauen oder zu verkaufen. Im Grundgesetz steht „Eigentum verpflichtet“. Dieser Verpflichtung sollten die betroffenen Eigentümer stärker nachkommen. Neben Baulücken gibt es noch zahlreiche leerstehende Wohnungen oder solche, die nach Renovierung genutzt werden könnten und auch sollten.

Neubaugebiete beanspruchen freie Landschaft, versiegeln den Boden und verstärken die Hochwassergefahr. Wenn schon Neubaugebiete, dann überwiegend für Doppelhäuser, Reihenhäuser und Mehrfamilienhäuser, welche pro Wohneinheit weniger kosten und pro Wohneinheit nur einen Bruchteil  der Fläche von Einfamilienhäusern beanspruchen. Das ist konkreter Umwelt- und Klimaschutz! Das Krankenhaus-Areal mit rund 500 ar muss für Wohnbebauung in Erwägung gezogen werden. Das ergibt zusammen mit den oben genannten Baulücken 1.650 ar Baufläche im Innenbereich, die vorrangig zu bebauen sind. Beim Bau von Mehrfamilienhäusern setzen wir uns dafür ein, dass mindestens 30 % geförderter Wohnraum geschaffen wird, wenn die rechtliche Möglichkeit dazu besteht.
Nur die Hälfte der in den letzten 20 Jahren gebauten Wohnungen ist auf die Zunahme der Zahl der Einwohner zurückzuführen. Die andere Hälfte der Wohnungen wurde benötigt, weil die Zahl der Einwohner pro Wohnung gesunken ist. Mehr 1- und 2-Personen-Haushalte, weniger große Familien.

Der gesetzliche Anspruch auf Kinder-Betreuung ab 1 Jahr bis zum Eintritt in die Grundschule erfordert den Bau und Betrieb von entsprechenden Krippen und Kindergärten. Dies ist in der Vergangenheit laufend geschehen und wird 2023 durch den Bau der 6-gruppigen Kindertagesstätte in Hausen fortgesetzt. Die Stadt und das Land tragen zusammen 88,9 % der anfallenden Kosten aller Krippen und Kindergärten, Kirchen und freie Träger übernehmen 1,4%, die Elternbeiträge machen 9,7 % aus.
Bei der Betreuung der Schulkinder decken die Elternbeiträge 9,8 % der gesamten Kosten. Den großen Rest tragen die Stadt und das Land Baden-Württemberg.

Die Gesundheitsversorgung ist mit den Neubauten Medizentrum Zabergäu, Gesundheitszentrum der SLK-Kliniken und Gesundheitspark sowie durch zahlreiche bestehende Praxen im Gesundheitswesen auf einem guten Stand. Die Ausstattung mit Fachärztinnen und Fachärzten ist inzwischen gut. Angesichts der Altersstruktur der Ärztinnen und Ärzte hoffen wir, dass bei anstehendem Ruhestand die Nachfolge jeweils nahtlos gelingt. Die Stadt trägt mit ihrer Richtlinie zur Ärzteförderung dazu bei.

Der Klimawandel ist voll im Gang. Wir müssen gegensteuern, damit die Erderwärmung nicht unsere Lebensgrundlagen zerstört. Jede und jeder Einzelne von uns und alle gemeinsam sind aufgerufen, Energie zu sparen, auf erneuerbare Energien umzustellen, erneuerbare Energie selbst zu erzeugen. Es gibt noch viele Dächer, auf denen eine Photovoltaikanlage installiert werden kann. Wir appellieren an die Gebäudeeigentümer, ihre Möglichkeiten zur Nutzung der Solarenergie wesentlich stärker nutzen.  Der bürokratische Aufwand für den Bau und Betrieb von PV-Anlagen ist inzwischen relativ gering. Material- und Fachkräftemangel führen zu längeren Wartezeiten. Solarkollektoren für die Wärmeerzeugung sind ebenfalls in vielen Fällen zweckmäßig und möglich.
Der geplante Windpark Heuchelberg bietet die Chance, regional große Mengen Strom zu erzeugen. Die Bürger werden sich beteiligen können. Der Strom von der Nordsee oder Mecklenburg-Vorpommern muss über knapp 1.000 km transportiert werden. Das kostet, der Bau entsprechender Leitungen geht zu langsam voran. Was liegt näher, als den Strom mit Windrädern auf dem Heuchelberg zu erzeugen? Windparks errichtet man wegen der Windhöffigkeit auf Anhöhen und wegen möglichst niedriger  Beeinträchtigung der Bevölkerung mindestens 1.000 m entfernt von Siedlungen. Daraus ergibt sich die Lage des Windparks im Waldgebiet zwischen den Kommunen Brackenheim, Leingarten, Schwaigern und Nordheim. Der geplante Windpark Heuchelberg leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Im Genehmigungsverfahren wird die Einhaltung der geltenden Vorschriften geprüft werden.

Mobilität: als Fußgänger oder Radfahrer ist man sehr umweltschonend unterwegs und tut gleichzeitig etwas für seine Gesundheit. Für größere Strecken kommen Bus und PkW in Frage. Oder die Bahn, wenn vorhanden. Der Individualverkehr mit PkW benötigt am meisten Fläche und verursacht die meisten Emissionen pro km. E-Autos sind zwar emissionsärmer, aber nicht so gut wie E-Bus und Bahn. Es gilt, die Attraktivität für Fuß-, Rad-, Bus- und Bahnverkehr zu steigern. Das beginnt bei mehr barrierefreien Gehwegen (Kinderwagen, Rollstuhl, Rollator!), barrierefreien und überdachten Bushaltestellen, gut ausgebauten Radwegen, Parkplätzen für Fahrräder. Damit kann man dem Umstieg vom Auto auf umweltschonendere Mobilität fördern. Die SPD-Fraktion begrüßt den barrierefreien Umbau der Bushaltestellen. Wir fordern die weitere schrittweise Umsetzung des Radverkehrskonzeptes der Stadt, das 2017 vom Gemeinderat beschlossen wurde. Ebenso setzen wir uns ein für die Bahn ins Zabergäu.

Stadtpark: Natur und Erholung in der Stadt vereinbaren. Das vorgesehene Gelände hat eine optimale Lage: für viele zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar, zwischen Altstadt und Heuss-Siedlung, Parkplätze am Bürgerzentrum. Die SPD-Fraktion strebt eine Gestaltung mit hoher Aufenthaltsqualität an. Raum für Bewegung und Begegnung aller Altersgruppen. Die bisherige Planung kann nicht  1 zu 1 umgesetzt werden wegen Beschränkungen durch Hochwasser-, Natur- und Artenschutz. Eine veränderte Planung ist erforderlich. Wir sind überzeugt, dass ein Stadtpark entwickelt werden kann, der die oben genannten Beschränkungen berücksichtigt. Unser Ziel bleiben Naherholung, Bewegungs- und Begegnungspark.

Grundsteuer: Die Reform tritt zum 01.01.2025 in Kraft. Die Grundstückseigentümer haben ihre Erklärungen abgegeben. Manche haben schon einen Messbescheid erhalten und sind beunruhigt, wenn der neue Messbetrag sehr viel höher ist als der alte. Zwischen dem Messbetrag und der zu zahlenden Grundsteuer liegt aber der Hebesatz. Wie hoch der ausfällt, kann derzeit niemand seriös sagen.
Die Kommunen sind gehalten, den Hebesatz so festzulegen, dass die Summe ihrer Grundsteuer nach der Reform etwa genauso viel beträgt wie vorher. Dicht und insbesondere sehr dicht bebaute Grundstücke werden eher weniger zahlen als bisher. Die Eigentümer von Einfamilienhäusern und kleiner Häuser auf großen Grundstücken müssen mit einer Mehrbelastung rechnen. Die Stadt Brackenheim ist auf die Grundsteuer von derzeit rund 2,7 Mio. Euro angewiesen. Der Gemeinderat wird den neuen Hebesatz zu gegebener Zeit festsetzen. Das wird voraussichtlich erst im zweiten Halbjahr 2024 möglich sein. Die Grundsteuer betrug 1,8 % aller im Jahr 2021 gezahlten Steuern. Zum Vergleich: die Lohn-  und Einkommenssteuern machte 45,8 % aus.

Wir bedanken uns bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt für ihre wertvollen Dienste. Unser Dank gilt ebenso allen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten für die gute Zusammenarbeit.

 

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